Sozialwesen (SW)
Ziel dieses Beitrags ist die Darstellung von drei Studien zur Erfassung kurzfristiger und langfristiger Effekte von sozial-vergleichendem Gebrauch der sozialen Netzwerke Facebook und XING auf den Selbstwert und depressive Tendenzen. Studie 1 (N = 75) zeigte im Rahmen einer Internetexposition im Labor, dass eine sozial-vergleichende Aufgabe im Internet im Vergleich zu einer Kontrollaufgabe einen geringeren Selbstwert zur Folge hat. Studien 2 und 3 (Ns = 809, 145) zeigten im Rahmen Online-Befragungen, dass sowohl passive Facebook- als auch die generelle XING-Nutzung mit höheren depressiven Tendenzen einhergehen. Diese Assoziationen werden über eine höhere Neigung zu sozialen Vergleichen und einen dadurch bedingten, geringeren Selbstwert vermittelt. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund bisheriger Forschung diskutiert sowie Implikationen für die Präventionsarbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsen im Umgang mit Sozialen Medien abgeleitet
Hintergrund:
Ziel des wissenschaftlichen Projekts MigrAVE (Multilinguales Online-Lernportal und transkultureller Roboter-Lernassistent für Autismus-Spektrum-Störungen) ist die Entwicklung eines Lernassistenz-Roboters, der autistische Kinder und ihre Therapeuten bei der Durchführung von Lernprogrammen im Rahmen verhaltenstherapeutischer Interventionen unterstützt. Die Ausstattung mit einem KI-basierten Zustandserkennungssystem ermöglicht es dem Roboter, Übungen zu initiieren und die Aufmerksamkeit der Kinder während der Ausführung zu überwachen. Weiterhin soll der Roboter intervenieren, wenn Verhaltensweisen erkannt werden, die den Lernprozess beeinträchtigen. Als Reaktion auf identifiziertes, abgelenktes Verhalten soll der Roboter mit kindgerechter Ansprache die Aufmerksamkeit und Motivation des Kindes wiederherstellen. Die in anderen Studien genutzte Analyse von Sprache oder Gesichtsausdruck zur Erkennung von Emotionen stellt in der Anwendung bei autistischen Kindern aufgrund häufig eingeschränkter Mimik und sprachlicher Limitierungen eine technisch schwer umzusetzende Herausforderung dar. Zur Realisierung wird im Projekt MigrAVE stattdessen ein technologischer Ansatz vorgeschlagen, der sich auf die automatische Erkennung von Engagement auf der Grundlage von Blickrichtungs- und Gesichtsmerkmalsanalysen konzentriert. Um die Erkennung von Engagement zu ermöglichen, entwickeln wir in MigrAVE einen datenbasierten Algorithmus. Hierfür sind Trainingsdaten notwendig, die die reale Interaktion zwischen Kindern und Roboter spiegeln und eine Lerndatenerhebung erforderlich machen.
Methode:
Im Rahmen der Lerndatenerhebung interagierten 30 Teilnehmer mit einer gesicherten Diagnose aus dem autistischen Spektrum im Alter zwischen fünf und 21 Jahren (M = 10.44, SD = 3.43) mit dem Roboter. Während die Probanden zwei verhaltenstherapeutische Lernprogramme in Interaktion mit dem Roboter bearbeiteten, wurden Audio- und Videodaten aufgezeichnet. Die erhobenen Daten werden im Folgenden annotiert und dienen als Basis für das Training von Engagementdetektions-Modellen und entsprechenden Coping-Reaktionen.
Ergebnisse:
Da der Prozess der Annotation noch andauert, liegen aktuell keine abschließenden Ergebnisse vor. Diese werden zum Zeitpunkt der Konferenz präsentiert.
Schlussfolgerungen:
Aufgrund der Besonderheiten des mimischen und sprachlichen Ausdrucks bei Personen im autistischen Spektrum stellt der technologische Ansatz auf Basis von Blickrichtungs- und Gesichtsmerkmalsanalysen eine vielversprechende Alternative zu bisherigen klassischen Mimik- und Sprachanalysen dar.
Assistenzrobotik für verhaltenstherapeutische Förderprogramme: Möglichkeiten und Limitierungen.
(2024)
Hintergrund:
Im BMBF-geförderten Forschungsprojekt MigrAVE (Multilinguales Online-Lernportal und transkultureller Roboter-Lernassistent für ASS) wurde neben einer Online-Informationsplattform ein Assistenzroboter zur Förderung autistischer Kinder im Rahmen verhaltenstherapeutischer Interventionsprogramme auf der Basis am Markt verfügbarer Hardware entwickelt. Der Roboter ist mit einem KI-basierten Zustandserkennungssystem ausgestattet, das das Engagement durch
Blickrichtungs- und Gesichtsmerkmalsanalysen automatisiert auswertet.
Dies ermöglicht dem Roboter, Aufgaben eigenständig zu initiieren und die Aufmerksamkeit der Kinder während der Ausführung zu überwachen. Zudem interveniert der Roboter mit einer kindgerechten Ansprache, sobald z.B. Ablenkung des Kindes festgestellt wird.
Methodik:
Zunächst wurde eine umfassende Anforderungsanalyse zu den Bedürfnissen
der möglichen Nutzer, ihrer betreuenden Therapeuten und Angehörigen
durchgeführt. Im Rahmen einer Lerndatenerhebung wurden im nächsten
Schritt Audio- und Videodaten von Kind-Roboter-Interaktionen gesammelt.
Die so erhobenen Daten wurden annotiert und bildeten die Grundlage für
das Training von Engagementdetektions-Modellen und entsprechenden
Coping-Reaktionen des Roboters. Feldversuche evaluierten die
Klassifikationsergebnisse der Detektionsalgorithmen und die Wirksamkeit
der Roboter-Coping-Reaktionen. Basierend auf den Ergebnissen erfolgten
im Anschluss Redesign- und Verfeinerungsarbeiten. Eine abschließende
Online-Studie bewertete schließlich die Akzeptanz bei den Endnutzern.
Ergebnisse:
Für den Roboter-Lernassistenten wurde ein KI-basiertes
Engagement-Erkennungs-System entwickelt, welches die Besonderheiten von
Kindern im Autismus-Spektrum berücksichtigt und die Durchführung
verhaltenstherapeutischer Lernprogramme ermöglicht. Im Rahmen der
durchgeführten Feldevaluation des Roboters wurde sein Einsatz als
hilfreich bewertet, um Lernerfolg und Motivation der Kinder zu steigern.
Weiterer technischer Entwicklungsbedarf besteht hinsichtlich der
Handlungs-, Reaktions- und Bewegungsmöglichkeiten des Roboters sowie der
Personalisierbarkeit.
Schlussfolgerungen:
Grundsätzlich ist der Einsatz von Assistenzrobotern als Unterstützung im
Rahmen verhaltenstherapeutischer Förderprogramme möglich; mittlerweile
weisen die am Markt verfügbaren Systeme in Verbindung mit der im Projekt
entwickelten Software dem Grunde nach zentrale Fähigkeiten für
Zustandserkennung und eine adressatengerechte Kommunikation auf.
Reaktionsrepertoire, -geschwindigkeit und -individualisierung müssen bis
zur Praxistauglichkeit noch erweitert werden.
Digitale Fördermöglichkeiten für Kinder im autistischen Spektrum
Anforderungsanalyse für eine Online-Plattform und einen Roboter-Lernassistenten zur Unterstützung der autismusspezifischen Verhaltenstherapie
Monika Bühren (1), Aike C. Horstmann (2), Lisa Mühl (2), Louisa Köppen (2), Wanja Mössing (2), Maike Lindhaus (2), Dunja Storch (2), Jarek Krajewski (2) & Hanns Rüdiger Röttgers (1)
(1) Fachhochschule Münster
(2) Rheinische Fachhochschule Köln
Obwohl evidenzbasierte, verhaltenstherapeutische Frühinterventionsprogramme als „Goldstandard“ in der Therapie autistischer Kinder gelten und ihnen nachweislich helfen, ihre sozio-emotionalen und funktionalen Fähigkeiten zu verbessern, stehen diese aufgrund mangelnder personeller, finanzieller und struktureller Ressourcen sowie administrativer Hindernisse in Deutschland nicht ausreichend und flächendeckend zur Verfügung.
Diesem im internationalen Vergleich erheblichen Versorgungsdefizit könnte durch eine Erweiterung und Verbesserung des Angebots mit Hilfe niedrigschwelliger, technologiebasierter Unterstützungsangebote entgegengewirkt werden. Im Projekt MigrAVE werden eine Online-Plattform und ein komplementärer Roboter-Lernassistent zur digitalen Unterstützung von Interventionen bei Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) entwickelt.
Um die Anforderungen und Erwartungen der zukünftigen Nutzer zu erfassen und zielgerichtet umzusetzen, wurden Tiefeninterviews mit sieben Eltern autistischer Kinder und sechs Therapeuten im Bereich der autismusspezifischen Verhaltenstherapie durchgeführt.
Die Befragten nannten vielfältige Herausforderungen, wie äußerst zeitintensive Betreuung und Therapie, fehlende professionelle Unterstützung sowie zunehmend sprachliche Hürden in Beratung und Therapie welche die Relevanz technologiebasierter Ergänzungssysteme verdeutlichen.
Die gewonnenen Erkenntnisse stellen die Basis für den weiteren Entwicklungsprozess und die Gestaltung der Lerntechnologien dar.
Die Online Plattform sollte gesicherte, detaillierte Informationen zum Thema ASS bieten, sowie eine umfangreiche Auswahl an Therapiematerialien zur Verfügung stellen.
Der Roboter sollte in der Lage sein, Lerneinheiten zu initiieren und aufrechtzuerhalten. Voraussetzung hierfür sind neben einer automatischen Zustandserkennung komplexe und individualisierbare Kommunikations- und Interaktionsfähigkeiten.
Durch eine multilinguale Gestaltung der Tools würden insbesondere auch Kinder mit Migrationshintergrund profitieren.
Vielversprechende Grundlagen für die erfolgreiche Implementierung der Lernmodule in autismusspezifische Förderprogramme sind die hohe technische Affinität sowohl der Befragten als auch der Kinder und die Offenheit gegenüber Technologien im therapeutischen Kontext.
Sponsoren:
Das Projekt MigrAVE wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
Beteiligte Projekt-Partner:
FH Münster, Rheinische Fachhochschule Köln, Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
Interessenskonflikte:
Es bestehen keine Interessenskonflikte
Kontaktadresse:
Monika Bühren, FH Münster, FB Sozialwesen/Forschungsstelle Autismus, Friesenring 32, 48147 Münster, E-Mail: buehren@fh-muenster.de