Sozialwesen (SW)
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Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt gewinnen zunehmend an Aufmerksamkeit in vielen Teilen der Gesellschaft und die gesellschaftlich vorgegebene Binarität der Geschlechter gerät ins Wanken. Sei es die Einführung des Geschlechtseintrag „divers“,
die Ehe für Alle oder die ausstehende Anpassung des Abstammungsrechts für zwei-Mütter-Familien (vgl. BMFSFJ 2022, o.S.). Immer mehr Menschen leben ihre Sexualität und geschlechtliche Identität offen aus. Obwohl es keine aussagekräftigen Studien über den queeren Anteil der Bevölkerung gibt, lässt sich vermuten, dass rund sieben % der Menschen in Deutschland lesbisch, schwul, bisexuell, trans*, inter* oder nicht-binär sind (vgl. Schäfer 2017, o.S.). Gerade Jugendliche gehen deutlich offener und toleranter mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt um. Das bedeutet auch, dass man überall queeren Menschen begegnet, teils bewusst, teils unbewusst. Denn trotz der
steigenden Zahlen lebt immer noch knapp die Hälfte der queeren Menschen in Deutschland ungeoutet, aus Angst vor Diskriminierung (vgl. ZEIT ONLINE 2020).
Auch in pädagogischen Einrichtungen muss man als Fachkraft daher davon ausgehen Kinder und Jugendliche in der Gruppe zu haben, die selbst queer sind oder in Regenbogenfamilien aufwachsen. Die Thematisierung von queeren Perspektiven und Lebensrealitäten wird dennoch oftmals vernachlässigt.
Die pädagogische Auseinandersetzung mit der Männlichkeit hat keine lange Tradition (vgl. HVSH Alte Molkerei Frille. 1989) Warum auch? Sind Männer doch ohnehin das starke Geschlecht. Sie gelten als stark, rational, dominant, technisch begabt und risikobereit. Alles was es vermeidlich für ein gelingendes Leben benötigt. Von Geburt an durften junge Männer Ansprüche formulieren und breitbeinig die Welt erkunden (vgl. Matzner und Tischner 2012b, S. 9 f.). Der Begriff ‚toxische Männlichkeit‘ ist die Beschreibung des modernen, dominanten, gewalt- und risikobereiten Mannes. Er ist für andere und für sich eine Gefahr (vgl. Dirk Baier et al. 2019). Wenn es also eine pädagogische Auseinandersetzung bräuchte, dann doch eine, die Frauen und Mädchen vor ihnen schütze. Doch das Problem scheint sich von selbst zu lösen. Parallel zum toxischen Mann etablieren sich flexible, emotionale und familienfreundliche Männer. Sie lehnen den ‚Macho‘ ab und begeben sich auf die Suche nach neuer Männlichkeit. Sie halten alle vermeidlich weiblichen und männlichen Eigenschaften für gleichermaßen relevant und bereichernd (vgl. BMFSFJ 2022, S. 132 ff.). Dennoch liegt in der deutschsprachigen Öffentlichkeit das Wort ‚Krise‘ wie ein Miasma über der Debattenkultur zum Thema ‚Männlichkeit‘. Männer flüchten sich in den Rausch (vgl. Stöver 2006) und sind gleichzeitig Opfer und Täter ihrer eigenen Gewalt (vgl. Findeisen und Kersten 1999).
Die Stärkung der männlichen Identität sei die Antwort auf die seelischen Krisen junger Väter (vgl. Garstick 2013) und ihre Söhne treten bereits als Bildungsverlierer (vgl. Reiss et al. 2019; Hurrelmann und Schultz 2012) den nächsten Generationswechsel an. Aus welcher Perspektive er auch betrachtet wird - Der Mann und seine Krise sind gemacht (vgl. Connell 2014).