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Schutzzeichen im bewaffneten Konflikt

  • Am 8. Dezember 2005 nahmen die Unterzeichnerstaaten der Genfer Abkommen (GA) in einem dritten Zusatzprotokoll (ZP III) gemäß dem Vorschlag der gemeinsamen Arbeitsgruppe zur Frage der Embleme den roten Kristall als zusätzliches Schutzzeichen neben rotem Kreuz und rotem Halbmond an. Die gemeinsame Arbeitsgruppe zur Frage der Embleme hatte sich im April 2000 in Genf nach einem Entschluss der 27. Internationalen Konferenz des Roten Kreuzes und Roten Halbmondes vom 6. November 1999 erstmals versammelt und schon bald als besondere Gefahren die Entzweiung der weltweiten Rotkreuzbewegung und die inflationäre Ausbreitung jeweils nationaler Symbole als Schutzzeichen mit zunehmend erschwerter Unverkennbarkeit im Felde herausgestellt. Schutzzeichen für die Verwundetenpflege im Krieg waren schon lange vor Henry Dunants wegweisenden Aufrufen gebräuchlich. So beschreibt er selber in seinem Buch "Eine Erinnerung an Solferino" 1862 eine schwarze Fahne als traditionelles europäisches Schutzzeichen der Verbandplätze. Bei jeder Betrachtung der armeespezifischen Kennzeichen vor 1864 darf aber nicht vergessen werden, dass diese Feldzeichen ausschließlich den eigenen Soldaten zur Orientierung im Felde dienten und eine organisierte Verwundetenfürsorge des Gegners vor 1864 normalerweise kaum vorkam. Zwar gab es sicherlich immer wieder die von Henry Dunant beschriebene gegenseitige stillschweigende Übereinkunft zur Schonung derart gekennzeichneter Bereiche, von einer universellen Schutzzeichenwirkung im Sinne des heutigen humanitären Völkerrechts konnte damals aber noch nicht die Rede sein. Die Erkennbarkeit der Kennzeichen und Schutzzeichen im Gefecht stellt neben dem Freisein von politischen und religiösen Konnotationen eine Eigenschaft dar, an die höchste Ansprüche zu stellen sind. Die Entscheidung für das rote Kreuz auf weißem Grund als universelles Schutzzeichen fiel im Jahr 1863. Das "Komitee der Fünf", bestehend aus General Henri Dufour, Gustave Moynier, Dr. Théodor Maunoir, Dr. Louis Appia und Henry Dunant traf sich in Genf am 17. Februar 1863 zur Vorbereitung eines Beitrages der Gesellschaft für öffentliche Wohlfahrt für den im September in Berlin geplanten internationalen Wohlfahrtskongress. General Dufour als erfahrener Soldat machte dem Komitee der Fünf den Vorschlag der Schaffung eines "... unverkennbaren Abzeichens, einer Uniform oder eines Armbandes... als eines universellen Schutzzeichens." An diesem Tag wurde über die Form des Schutzzeichens jedoch nicht entschieden. Am 17. März 1863 traf sich das Komitee der Fünf erneut in Genf und institutionalisierte sich als "Internationales Komitee zur Unterstützung für die Verwundeten in Kriegszeiten". Auf Einladung des Schweizerischen Bundesrates trat im August 1864 in Genf eine diplomatische Konferenz mit bevollmächtigten Vertretern aus 15 Staaten zusammen. Diese Konferenz beriet und erarbeitete eine "Konvention, die Linderung des Loses der im Felddienste verwundeten Militärpersonen betreffend", die am 22. August 1864 unterzeichnet wurde und als "erste Genfer Konvention von 1864" in die Geschichte eingegangen ist. In Art. 7 dieser ersten Genfer Konvention von 1864 wurde erstmals völkerrechtlich verbindlich festgelegt: "Die Fahne und die Armbinde sollen ein rotes Kreuz auf weißem Grund tragen." Das rote Kreuz auf weißem Grund ist zweifellos eine der bahnbrechenden universellen kulturellen Errungenschaften der Menschheit. Es ist das weltweite Zeichen wahren Menschentums und als solches frei von jeder Parteinahme. Unter dem roten Kreuz auf weißem Grund haben seit 1864 weltweit zahllose Menschen in Not Schutz und Hilfe gesucht und erfahren. Die Schaffung eines universellen Schutzzeichens neben der Idee der Neutralisierung der Verwundeten und ihrer Helfer sowie der Unparteilichkeit der Hilfeleistung ist als die überragende historische Leistung Henry Dunants zu werten. Das rote Kreuz auf weißem Grund erlitt somit trotz aller diplomatischer und völkerrechtlicher Umsicht einen kontinuierlichen Umdeutungsprozess in die Richtung eines christlich konnotierten Symbols, obwohl die Beispiele des mathematischen Pluszeichens und des japanischen Roten Kreuzes eindrucksvolle Belege für eine vollkommen unemotionale Verwendung des Kreuzzeichens in nichtchristlichen Kulturen darstellen. Die Einführung des roten Kristalls als zusätzliches Schutzzeichen zum Gebrauch in Staaten, die das rote Kreuz oder den roten Halbmond nicht zu führen gedenken, ist als folgerichtige Konsequenz aus den langjährigen Schutzzeichenkontroversen zu sehen. Dem roten Kristall ist zu wünschen, dass er die gleiche Verbreitung und Achtung als edles Emblem wahren Menschentums erfährt wie die bisher völkerrechtlich vereinbarten Schutzzeichen.
Bitte benutzen Sie diese Referenz, um auf diese Ressource zu verweisen:
https://doi.org/10.25974/fhms-455

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Metadaten
Author:Joachim Gardemann
URN:urn:nbn:de:hbz:836-opus-4555
DOI:https://doi.org/10.25974/fhms-455
Publisher:FH Münster
Document Type:Working Paper
Language:German
Date of Publication (online):2011/07/14
Year of first Publication:2006
Provider of the Publication Server:FH Münster - University of Applied Sciences
Release Date:2011/07/14
Tag:Rotes Kreuz; Schutzzeichen
GND Keyword:Genfer Konventionen; Humanitäres Völkerrecht
Source:Gardemann J (2006) Schutzzeichen im bewaffneten Konflikt; Teil 2. Idee und Tat (4): 6-7 Gardemann J (2006) Schutzzeichen im bewaffneten Konflikt; Teil 1. Idee und Tat (3): 4-5
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